20. April 2010: Im Golf von Mexiko explodiert die Ölbohrplattform „Deepwater Horizon“ und verursacht eine Ölpest gigantischen Ausmaßes. April 2016: Neue Forschungsergebnisse zeigen die Langzeitfolgen für die Meerestiere, wie z.B. die Großen Tümmler im Golf von Mexiko.

Nach der Explosion der Deepwater Horizon strömten drei Monate lang mehrere Millionen Liter Öl pro Tag in den Golf von Mexiko. Zusätzlich wurden mehrere Millionen Liter Chemikalien eingesetzt, die das Öl dispergieren sollten. Die Bilder der unmittelbaren Folgen sind bekannt: ölverschmierte Pelikane und Meeresschildkröten, Fische und Garnelen ohne Augen oder mit anderen schweren Missbildungen, zerstörte Seevogelkolonien.

Nun versuchten mehrere Wissenschaftlerteams, auch die Langzeitfolgen der Ölkatastrophe für Delfine zu klären. In den Jahren nach der Ölpest wurden an den Stränden von Louisiana, Alabama und Mississippi ungewöhnlich viele Delfine gefunden, die kurz vor oder nach ihrer Geburt (perinatal) gestorben waren. 88% dieser Delfinbabys hatten fehlgebildete oder kollabierte Lungen und waren vermutlich noch im Mutterleib gestorben. Außerdem zeigte sich eine stark erhöhte Rate von Lungenentzündungen und Infektionen mit bestimmten Bakterien, die noch in der Gebärmutterhöhle stattfinden.
Als Ursache gilt die stark herabgesetzte Gesundheit der Muttertiere im Vergleich zu einer Gruppe von Delfinen in einem nicht von der Ölpest betroffenen Teil des Golfs von Mexiko. Die beobachteten chronischen Erkrankungen von Lungen und Nebenniere entsprechen dem Krankheitsbild, das von anderen Säugetieren bekannt ist, die Ölbestandteilen ausgesetzt waren.

„Während der für die Katastrophe verantwortliche Ölkonzern BP Milliardenzahlungen leisten muss, ist der langfristige Schaden monetär gar nicht zu beziffern – viel zu groß sind die negativen Auswirkungen und das verursachte Tierleid“, so Nicolas Entrup, Konsulent für OceanCare und NRDC.

Die Ergebnisse der Studien unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit, aus der Förderung und Verbrennung von Erdöl auszusteigen. Der schnellstmögliche Übergang der Menschheit in ein „post-fossiles Zeitalter“ ist insbesondere auch erforderlich, um das in Paris vereinbarte Ziel zu erreichen, die globale Erwärmung auf weniger als 2°C zu begrenzen.

„Dem entgegen konnten wir aber anhand der ersten Kartierung von Unterwasserlärm im Mittelmeer zeigen, dass in den vergangenen Jahren die Suche nach Ölvorkommen im Mittelmeer stark zugenommen hat. Das ist definitiv der falsche Weg. Wir brauchen dringend eine Energiewende, die auch real spürbar ist“, zieht Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, ihr Fazit aus der Deepwater-Horizon-Katastrophe.

Und wir dürfen nicht vergessen, dass die „Ölkatastrophe“ für Meeressäuger nicht erst mit dem Austritt von Öl in die Umwelt beginnt, sondern schon mit der Suche nach Kohlenwasserstoff-Lagerstätten, bei der bis zu 40 unvorstellbar laute Schallkanonen gleichzeitig ihren Explosionsschall durch die gesamte Wassersäule bis tief in den Meeresboden schicken, und das wochen- oder monatelang alle 10 bis 15 Sekunden. Lesen Sie mehr über Lärm bei der Ölsuche und die Auswirkungen auf Wale und Delfine auf silentoceans.org.

Foto: NASA; Ölteppich vor den Küsten von Louisiana, Alabama und Mississippi am 24. Mai 2010

Literatur:
Colegrove, K., et al., 2016: Fetal distress and in utero pneumonia in perinatal dolphins during the Northern Gulf of Mexico unusual mortality event. Dis Aquat Org 119: 1–16, 2016
Venn-Watson S, et al., 2015: Adrenal Gland and Lung Lesions in Gulf of Mexico Common Bottlenose Dolphins (Tursiops truncatus) Found Dead following the Deepwater Horizon Oil Spill. PLoS ONE 10(5): e0126538. doi:10.1371/journal.pone.0126538